Wechselspiel zwischen Kulturen und Welten – mal ernst, mal heiter

Wechselspiel zwischen Kulturen und Welten – mal ernst, mal heiter

Mesum: Das war am Samstagabend schon ein ungewöhnliches Theaterereignis in der Mesumer Pfarrkirche. „Ein Novum“, wie Pfarrer Thomas Hüwe eingangs konstatierte. Im Turmraum war dazu eine Bühne aufgebaut, nur ausgestaltet mit großen farbigen Kulissenelementen und einem Hocker. Das war dann der Aktionsraum einer jungen Schauspielerin für ein Solo-Stück, das sich mal als ernstes und mal als heiteres Wechselspiel darbot, um fremde Kulturen und Welten von jeweils anderer und zumeist ungewöhnlicher Perspektive aus beleuchtet und betrachtet darzustellen. Diesen Perspektivwechsel bezeichnete Pfarrer Hüwe als wünschenswert und notwendig. Wer wesentlich Neues entdecken wolle, müsse sich darauf einlassen wollen und dabei auch liebgewordene Gewohnheiten und Ansichten hinterfragen. Dabei dürfe durchaus auch Humoriges nicht fehlen.

Dazu lieferte dann die illustre Performance der Schauspielerin Gifty Wiafe viele Anreize, mal tanzend und singend, mal wohlverpackt in schillernden Farben und exotischen Kostümen und garniert mit tollen Trommelwirbeln und rhythmischer Musik, dann aber auch mal mit leisen Tönen und in völliger Stille und mit viel Tiefsinn und hintergründigen Fragen und Anmerkungen. Auch der Humor kam wie ein roter Faden in dem Schauspiel nie zu kurz. Etwa, als die Solistin ihren Vornamen erklärte: Nein, giftig sei sie nie, denn vielmehr sei das Wort dem englischen „gift“ entnommen und das bedeute schließlich „Geschenk“.

Schade war zuweilen, dass die Mikrofone insgesamt im Widerhall des hohen Kirchraumes etliche Tonfeinheiten nicht verständlich überbrachten und so ein Verständnis gerade in wichtigen Wortpassagen und leisen Monologen erschwerten. Dafür überzeugten umso mehr das subtile Spiel der Solistin und die feine Inszenierung durch Regisseurin Barbara Kemmler, die sich nach der Aufführung gemeinsam im lockeren Plausch dem Publikum und seinen Fragen stellten.

Das Spiel begann stark mit einer auf Aufmerksamkeit zielenden Stille, in der sich Gifty Wiafe gleichermaßen wie ein Küken bei der Geburt aus der Eischale hier aus einer Stoffhülle herausschälte und sich dadurch gewissermaßen als farbige Ghanaerin in die Welt der Deutschen zwang: „Ich bin quasi eine Fehlgeburt.“ Damit war dann das stete Pendeln zwischen Leben und Denken hier und in Afrika eröffnet, wobei die Protagonistin als moderne Mittlerin zwischen den Kontinenten und Kulturen den zahlreichen Zuschauern gekonnt den Spiegel vorhielt. Das geschah immer wieder mit viel Augenzwinkern in Fragen wie: Was macht eigentlich der europäische Elektroschrott in Ghana? Und warum bloß sind deutsche Hähnchenabfälle dort der Renner? Welcher Vorlauf für die Planung einer Party ist ghanaisch, welcher deutsch?

Wieso wünschen sich so viele afrikanische Frauen einen helleren Teint und die Nordeuropäerinnen dunklere Haut? Während Afrikanerinnen bereit seien, mit teils gefährlichen Mitteln ihre dunkle Haut zu bleichen, um einem gängigen Schönheitsideal zu frönen, begäben sich andererseits hellhäutige Europäerinnen zum Bräunen in die Sonne, schüttelte Gifty Wiafe scheinbar ratlos den Kopf. Das war nur eine verschiedenen Widersprüchlichkeiten im komplexen Beziehungsgeflecht der Kulturen, die Gifty Wiafe vom „Cactus Junges Theater“ in Koproduktion mit dem Theater im Pumpenhaus, in Kooperation mit der Jugendtheater-Werkstatt , dem Jib, der EXILE-Kulturkoordination und dem Tete Adehyemma Dance Theatre (Ghana) unterhaltsam und erfrischend-authentisch auf die Bühne brachte. Nicht nur dafür gab es am Ende herzlichen Applaus, viel Zustimmung und Spenden für den Partnerkreis „Yendi“ für seine Hilfen in Ghana, wofür Sprecher Thorsten Karla Dank sagte. Auch mit Blumen für die Künstler auf und hinter der Bühne. Bericht und Bilder:  Franz Greiwe

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