Typisch Flohmarkt: Angebot zwischen 80 Euro und drei Cent

Mesum Betrachtet man allein das Angebot am Samstagvormittag auf dem Mesumer Flohmarkt, dann war alles wie immer und gewohnt: Angeboten wurden in der Hauptsache die typische Warenpalette mit viel Kleidung, vor allem für Kinder mit allerlei Baby-Artikeln, Schuhen, Spielgeräten und Büchern für alle Altersgruppen. Dazu aber noch Unterhaltungs- und Haushaltsgeräte, Tretroller und Fahrräder. Und hin und wieder auch mal eine Rarität wie eine alte Singer-Nähmaschine, die allerdings eher einem Deko-Zweck dienen sollte und für einen Kenner mit 30 Euro ein Schnäppchen war.

In der gewohnten Bandbreite blieben auch die Preise, wie eine Blitzumfrage bei den Standbesitzern ergab. Wir ermittelten eine Spanne zwischen 80 Euro für ein gutes Fahrrad und drei Cent für eine kleine Wasserpistole aus Plastik. Die sollte eigentlich zunächst fünf Cent kosten, aber durch Feilschen ließ sich der Preis noch um 20 Prozent drücken. Intensives Handeln lohnte sich allemal: Für zehn Cent durfte die achtjährige Ida bei einem Stand in eine Wunderkiste greifen und zog daraus einen kleinen Halter für Fotos. Deutliche Feststellung: Das Preisniveau pendelte sich zusehends nach unten ein, verursacht durch eine insgesamt unausgewogene Angebot-Nachfrage-Situation.

Das beklagten auch Pia Schäfer und Sarah Schulte-Mesum an ihrem Stand: „In den letzten Jahren gab es deutlich mehr Besucher und Laufkundschaft.“ Dazu hätte sich das Käuferverhalten merklich verändert: „Geschenkt ist vielen noch zu teuer.“ Dazu präsentierten sie eine feine Marken-Kinder-Jeans, die für drei Euro noch zu teuer war. Da bleibe doch kein Raum mehr fürs Handeln. Ihr Fazit nach mehreren Stunden hinter den am Mittag noch vollen Warentischen: „Es lohnt sich nicht mehr.“ Ähnlich wie sie argumentierten nahezu alle von uns befragten Flohmarkthändler und beklagten ein deutliches Schrumpfen des Marktes mit zu wenig Kundschaft. „Heute fehlt jeglicher Ansturm“, klagten unisono Laura und Jana Domhöfer hinter ihrem Verkaufstisch über zu wenig Umsatz.

Nur einmal stießen wir auf eine positive Einschätzung: Florian Elbersgerd, Alexa Wiesmann und Malte Bernstein vom HOT waren an ihrem Stand „durchaus zufrieden“. Sie standen hier für ihre Projektidee „Unser Ziel New York“. Bekanntlich will ein Team ehrenamtlicher Mitarbeiter in den Osterferien 2020 in die USA und beschaffte sich hier noch Reisegeld. „Wir sind heute unserem Ziel viele Kilometer näher gekommen“, freuten sich die Drei. Nicht zuletzt auch, weil sie einige Einräder, von der HOT-Hausleitung gespendet, gewinnbringend an den Mann bringen konnten.

Kurz vor Marktende beurteilte auch Thorsten Karla als Sprecher des veranstaltenden Yendi-Partnerschaftskomitees den Flohmarkt in diesem Jahr kritisch. Auch er konstatierte im letzten Jahrzehnt „einen kontinuierlichen Schwund: Damals waren es noch 180 Anbieter und Stände, diesmal nur noch 63.“ Das Wetter konnte dafür nicht verantwortlich machen, denn das war zwar anfänglich kühl, wurde dann aber immer sonniger. Genaue Gründe für den deutlichen Rückgang vermochte er nicht zu nennen, allenfalls Mutmaßungen. Beispielsweise könne heute jede(r) alles bequem und preiswert im Internet erwerben und sich in die Wohnung schicken lassen. In Nachbarorten sei die Entwicklung ähnlich, sehe man einmal vom Kinderflohmarkt in Rheine ab.

Für ihn steht fest, dass es so allmählich an die Substanz und damit an die Zukunft des traditionellen Flohmarktes gehe, wenn der Trend nicht aufzuhalten sei. Da Vorbereitung und Organisation gleich groß blieben, aber der Reinerlös immer weiter sinke, stelle sich jetzt die Frage, ob der große Arbeitseinsatz und Aufwand „überhaupt für uns noch lohnt“. Denn man sammle schließlich für Projekte in der Partnergemeinde Yendi: „Diesmal unterstützen wir die dringend dort benötigte, lebensrettende Wasserversorgung.“

Zudem drohe ab 2020 eine weitere Verschärfung der Situation: „Dann werden wir als Veranstalter umsatzsteuerpflichtig.“ Das bedeute zusätzliche Arbeit und noch mehr Vorbereitung bei möglicherweise weiter sinkenden Erlösen. Daher werde man im Partnerschaftskomitee in nächster Zeit das Thema „Flohmarkt“ sorgfältig analysieren. Bericht und Fotos: Franz Greiwe; siehe auch mv-online.de

Für zehn Cent durfte Ida einmal in die Wunderkiste greifen
Florian Elbersgerd, Alexa Wiesmann und Malte Bernstein (v.l.) waren dank des Verkaufs von Einrädern durchaus zufrieden
Pia Schäfer (l.) und Sarah Schulte-Mesum klagten über zu wenig Andrang und Umsatz
Volles Warenangebot an den Ständen, aber zu wenig Kundschaft
Jede Kaufentscheidung wurde von der ganzen Familie geprüft

 

Top