Weihnachtsbrauchtum in Mesum 2019

Vom einer ungewöhnlichen Krippe bis zum nächtlichen Christkindeinläuten

Mesum Keine Zeit des Jahres ist so reichlich gefüllt mit altem und schönem Brauchtum wie der Advent und die Vorweihnachtszeit. Dabei sind viele der einst gelebten Bräuche heute vergessen und längst ausgestorben. Einige davon gibt es jedoch davon im Jahre 2019 noch in Mesum und werden liebevoll gepflegt, so dass sich ein Blick, der zum Teil weit zurück geht, darauf lohnt. Ein immer noch liebevoll in vielen Familien und Kirchen erhaltener Brauch ist das Aufstellen einer Krippe. Bereits 1223 soll Franz von Assisi die erste Krippe aufgebaut haben.

In diesem Jahr soll hier eine ganz ungewöhnlichen Krippe in den Mittelpunkt gerückt werden. Obwohl sie bereits vor einiger Zeit gebaut und aufgestellt wurde, blieb sie bisher weitgehend unbeachtet. Sie steht zwar im öffentlichen Pfarrgarten an einem der Wege, ist aber dennoch leicht zu übersehen: Denn sie liegt verborgen unter einem hohen Strauch, ist nur klein, bescheiden und unscheinbar und ausgestattet mit einfachen Figuren, die erst auf dem zweiten Blick zu deuten sind. Dennoch symbolisiert sie wie kaum eine andere Krippendarstellung ob ihrer geradezu armen, verborgenen Ausstattung in überzeugender Weise das Geschehen der Heiligen Nacht. Auch damals kam Gott als armes Kind in einer kleinen Hütte, weitab von der Öfentlichkeit, zur Welt.

Geschaffen wurde diese Krippe von den „Waldhasen“. So bezeichnet sich eine Gruppe von etwa zweijährigen Kindern aus der Loslösegruppe des Waldkindergartens der FBS Rheine. Immer montags, dienstags und donnerstags von 8.45 bis 12.30 Uhr sind die Kleinen im Pfarrpark bei jedem Wetter unterwegs. Mit ihrer Leiterin Andrea Kloth und Ina Overesch entwickelten sie eine ungewöhnliche Idee: „Wir basteln mit ganz einfachen Materialien wie Filz, Fäden und Stöckchen eine Krippe.“ Alle Figuren sind schlicht ausgeführt und erfordern ein genaues Hinschauen: Maria und Josef mit dem Kind in der Krippe, Ochs und Esel, Hirten mit Schäfchen, dazu Engel und Stern über dem Stall. Für den fanden sie passgenau ein großes Stück Baumrinde. Damit das Krippengeschehen auch wahrgenommen wird, hängten sie zwei Hinweise mit frohen Weihnachtsgrüßen für alle Vorübergehenden darüber.

Zum morgendlichen Ritual gehört seitdem für die Gruppe eine kurze Betrachtung in gemütlichem Sitzkreis, soweit es das Wetter erlaubt. Dazu wird dann die Weihnachtsgeschichte erzählt oder vorgelesen. Dabei durften wir bei unserem Besuch mit dabei sein und uns in die andächtig lauschende Runde mit den kleinen Krippenbauern Felicitas, Josef, Katharina, Finn, Ali und Muhammed einreihen. Zwei weitere waren an diesem Tag krank. Sie wünschen sich nun, dass ihre Krippe noch einige Zeit über Weihnachten hinaus wie bisher stehen und unzerstört bleibt. Und dass noch viele Menschen sie sehen, davor inne halten und eine kurz Zeit der Besinnung finden.

Niemand weiß, wie alt ein anderes Brauchtum, das Christkindeinläuten, in der St. Johannes-Gemeinde in Mesum bereits ist. Alte und inzwischen verstorbene Mesumer haben davon immer wieder erzählt, dass in der Vornacht zum Heiligen Abend mitten dazu eine Stunde lang feierlich alle Glocken vom Mesumer Kirchturm erklangen. Nach alter Überlieferung sangen sie dabei: „Bimmele, bammele, dat Christkind kümp dranne. Wo kümp et denn dranne? Bi Stiäkers Heck, bi´n Krusen Baum.“ Damit wird deutlich: Die Mesumer erwarteten das Christkind in der Nacht aus südlicher Richtung aus dem Morgenland.

Auf Initiative früherer Küster wie Bernhard Bügers und Josef Bosse wird dieser alte Brauch des Christfesteinläutens heute wieder ausgeübt und gepflegt. In der Vornacht zu Weihnachten und damit vom 23. auf den 24. Dezember erschallen, diesmal in der Montagnacht, zeitlich verkürzt von 2 bis 2.15 Uhr feierlich die Glocken vom St. Johannes-Turm. Manch Mesumer stellt sich dazu alljährlich den Wecker, um das Glockengeläut und den Einzug des Christkindes mit zu erleben.

Um das Warten auf das Christkind geht es auch bei einem alten Brauch, den traditionell der Musikzug der Feuerwehr Mesum seit seiner Gründung vor über 110 Jahren ausübt. In jedem Jahr an Heilig Abend zieht er kreuz und quer durch das Dorf und führt an verschiedenen Plätzen und Straßenecken festliche Musik auf, um dort die Anwohner auf das nahe Weihnachtsfest einzustimmen. Diesmal ändern sich erstmals dazu Zeiten und Auftrittsfolge: Beginn ist am Dienstag um 15.30 Uhr auf dem Spielplatz Hasenhöhle. Danach geht es um 15.45 Uhr zum Mathias-Stift, wo im Foyer und auf den Etagen gespielt wird. Die nächsten Stationen sind dann: 16.15 Uhr an der Franz-Sellhorst-Straße, um 16.30 Uhr am Prozessionsweg, um 16.50 Uhr am Ploogweg, um 17.10 Uhr an der Ecke Nielandstraße/ Albert-Stienemann-Straße, um 17.30 Uhr an der Bürgerstraße vor dem Wegkreuz und abschließend um 17.50 Uhr auf dem Kirchvorplatz.

Schon Brauchtumsforscher Hermann Reckels erwähnt in seinem Buch „Volkskunde des Kreises Steinfurt“ aus dem Jahre 1932, dass zu Weihnachten der früheste Gottesdienst die „Ucht(e)“ war und erklärt das Wort als von „früh vor Tage“ abgeleitet. Diese „Ucht“ wurde ehemals über Jahrhunderte auch in Mesum „ganz früh am Weihnachtsmorgen“ um 5 Uhr gefeiert. Die Straßen waren dann noch wie der Kirchraum, in den sich Menschen schweigend drängten, stockdunkel. Nach und nach wurden Kerzen und Lichter entzündet, um die Freude über die Geburt des Herrn sichtbar und erlebbar zu machen.

Aus der „Ucht“ wurde Jahrzehnte später für einige Zeit die Mitternachtsmesse, ehe diese als Christmette auf 22 Uhr vorverlegt wurde. Seit kurzem knüpft die Pfarrgemeinde St. Johannes wieder an die schöne, alte Tradition an und lädt in der Weihnacht um 24 Uhr zur „Alternativen Christmette“ in der alten Kirche ein. Wer den besonders gestalteten mitternächtlichen Gottesdienst mitfeiern möchte, sollte sich mit warmer Kleidung oder Decke auf den kalten Kirchraum vorbereiten. Bericht und Bild: Franz Greiwe; siehe auch mv-online.de

Die „Waldhasen“ Felicitas, Josef, Katharina, Finn, Ali und Muhammed lauschen vor ihrer Krippe gemeinsam mit Andrea Kloth (l.) der Weihnachtsgeschichte, die Ina Overesch vorträgt
Die „Waldhasen“ Felicitas, Josef, Katharina, Finn, Ali und Muhammed lauschen vor ihrer Krippe gemeinsam mit Andrea Kloth (l.) der Weihnachtsgeschichte, die Ina Overesch vorträgt.
Top